„Outdoor für Einsteiger und Kurzurlauber“ ein Gastbeitrag von Manuela Kohrt, die gemeinsam mit ihrer Freundin Christin das Abenteuer Müritzumrundung gewagt hat.
Wie es dazu kam
Meine Freundin Christin fragte mich nach einer Einsteiger-Tour für ca 3 Tage. Kriegt sie, dachte ich mir:
Ich habe mir dazu eine kleine Herausforderung überlegt und die Müritz herausgesucht. Die ist nicht zu weit entfernt und um sie herum ist das Gebiet flach und somit gut für Anfänger geeignet. Außerdem kann ich ihr die etwas mehr als 80 km so aufteilen, dass man sich am Anreisenachmittag „warm“ läuft, dann einen Tag Fahrrad fährt, um am dritten Tag wieder zu laufen. So wird das Ganze einigermaßen kurzweilig, nicht zu anstrengend für die entsprechenden Gliedmaßen und generell den ganzen Körper für einen Anfänger, sodass ich sie nicht gleich mit der reinen Kilometerzahl vergraule.
Es soll meinem „Outdoor-Azubi“ ja Spaß und Lust auf mehr machen. Und wenn alles widererwartend zu viel wird, gibt es zur Not sogar den Müritz-Rundum-Bus ?…
Gesagt – Getan:
Für 3 Nächte habe ich ein Appartement mit richtigen Betten gebucht. Frühstück und Marschverpflegung konnten wir uns dort machen, abends wollten wir uns im Lokal regional beköstigen lassen.
Ich habe jeweils täglich unsere Rückkehr mit Öffis geplant, um dort am nächsten Tag wieder anzusetzen, so addieren sich alle 3 Tage perfekt zu einer Rundtour einmal herum um die schöne Müritz.
Schonmal vorweg:
Was ich vorher nicht herausbekommen habe: In unserem Übernachtungs-Ort Speck gabt es unter der Woche aktuell abends kein Restaurant, selbst der letzte Bus fährt ziemlich früh dorthin. So haben wir schon am ersten Tag unseren Essens-Plan angepasst und sind nachmittags eingekehrt und haben abends dann unsere einfachere Brotzeit gemacht. War auch total klasse, man muss eben nur etwas kreativ sein ?…
Tag 1:
Morgens Räder und Lebensmittel in´s Auto und los ging´s. Vorteil von vorherigen Einkäufen ist einfach mal die eingesparte Zeit am Urlaubsort – solange es nicht nur Süßkram ist, wa Christin? Bin da auch noch sehr gespannt auf ihre Wanderklamotten, als ich sie in Sandalen und perfekten Fußnägeln so anschaue. Angekommen am Mittag bin ich beruhigt über wenigstens Runningschuhe und Funktionsbekleidung der Schwiegermama – geht doch ?.
Also kleine Stärkung und die erste Etappe wird genommen: zu Fuß von Speck bis zum Bolter Kanal. Zwischendrin kleiner Abstecher zum Käflingsberg und rauf auf den Aussichtsturm. Tolle Aussicht! Nur die Müritz selbst ist noch ziemlich versteckt hinter all den tollen Wäldern und kleineren Seen. Wir gehen und schnuppern den herrlichen Waldduft und ich erzähle was ich so gelesen habe: Der Nationalpark Müritz ist immerhin 322 qkm groß, das ist die Fläche von München, Respekt. Er ist Heimat für viel Pflanzen und Tierarten. Nach 655 Pilzarten, 221 Vogelarten und 54 Säugetierarten kam ich mit meinem Witz, dass wir vielleicht sogar noch einem Wolf begegnen, zugegeben nicht so gut an ?
Wir wanderten durch Boek und ich wollte noch das Schloss zeigen. Konnte ich mir sparen – es ist eine geschlossene Ruine, die eher an eine sozialistische Einrichtung erinnert als an etwas Adliges. Ein kleines Päuschen lohnt sich vielleicht im Café Auszeit mit freundlichem Kellner mehr, als im zunächst urigeren Kutschercafé, wo man schon sehr genau wissen sollte was man möchte.
Weiter ging´s bis zum Restaurant Seeadler, hier wollten wir am Müritzufer den Tag ausklingen lassen. Das ist mal grandios gelungen – das Essen lecker, die Bedienung total fröhlich und fähig. Last not least mussten wir noch nicht mal den Bus zurück nehmen, sondern können noch den Sonnenuntergang genießen und werden später mitgenommen. Wie geil ist das denn?
Summary:
Strecke: 13,9 km. Aussichtsturm: 167 Stufen. Zecken: 2. Blasen: 0. Grandioser Sonnenuntergang: 1. Zufriedene Wander-Einsteiger-Freundin: 1. Fazit: ??.
Hier geht’s zur Route von Tag 1: Wanderung von Speck zum bolter Kanal
Tag 2:
Ziel gestern = Start heute.
Wir also die Räder auf den Busanhänger zur Bolter Schleuse. Dort rauf auf den Esel und los ging´s (ich mal wieder mit Klappi und doppelter Drehzahl?) einmal um den Pudding bis Klink.
Die Strecke führte uns durch Röbel. Hier hatte ich mich vorher durchaus gewundert über den Bericht zur schönen historischen Altstadt. Ich war da als Kind mal im Ferienlager. Historisch? Echt? Ich war also sehr gespannt. Und Tatsache: Mega süß ist es dort!! Tipp: absteigen und das Rad schieben, dann sieht man viele Details.
Die Marienkirche hat einen Turm – yeah! Rauf da! Nach 148 Stufen hatten wir einen super Blick über die Stadt und die alten Festungsanlagen und die Müritz und überhaupt ?.
Da haben wir uns hinterher eine Pause im Café Mühlenblick verdient – ein superschöner Ort mit kleinem Innenhof und Kuchen wie von der Oma. Irre!
Eigentlich hätten wir noch weiter bis nach Waren gewollt. Aber wir hatten einige Zeit verdaddelt beim Schauen und Genießen, also blieb es bei Klink und 45 statt den geplanten 55 km. Auch gut.
PS: Wir hatten von unseren Gastgebern keine Gästekarten. So ein Müritzer Busfahrer rechnete uns daher putzige Preise aus: Wir hätten eine Einzelfahrt mit Fahrrädern für je 20€ nehmen können und abends das gleiche nochmal – macht fette 80€ ?. Alternativ hat er uns ein gemeinsames Tagesticket für 18€ plus gesamt für die Räder 8€ angeboten – macht 26€. Ah ja, dann war die Wahl nicht schwer.
Summary:
Kilometer: 44,3. Stufen auf den Kirchturm der Marienkirche in Röbel: 148. Kalorien vom Mega-Streuselkuchen im Café Mühlenblick: wahrscheinlich 5000. Zufriedene Tour-Teilnehmerin: 1. Fazit: immer noch ??.
Hier geht’s zur Route von Tag 2: Radtour von Bolter Schleuse bis Klink
Tag 3:
Für unser Finale wurde viel Regen vorausgesagt. Und so kam es auch. Wir hatten zu Fuß satte 28 km zu erledigen, da wir die 10 restlichen vom Vortag ja noch mitverfrühstücken mussten. Um dem merkwürdigen Busverkehr Rechnung zu tragen, sind wir von uns aus losgegangen und nicht erst mit dem Bus nach Klink gefahren – also umgekehrt und haben quasi die Routen zusammengeführt.
Nach kurzer Zeit fing der Regen an und hörte nicht mehr auf. Wir marschierten ¾ der Strecke im strömenden Regen – total bekloppt, aber wir hatten einen Auftrag und den wollten wir vollständig auszuführen. Unsere Outdoor-Klamotten wurden auf Herz und Nieren getestet. Ich kann nur sagen: die Running-Schuhe von Christin waren ein See, völlig ungeeignet für schlechtes Wetter, aber das war ja schon vorher klar.
Eins muss ich besonders betonen: in Norddeutschland heißt es „Regen ist erst, wenn die Heringe in Augenhöhe vorbeischwimmen“ – und an dieser Stelle war und bin ich schwer begeistert von Christin. Es kam nur „Da müssen wir jetzt durch“ und es wurde durchgehalten. Alle Achtung!
Auf dem Weg suchten wir nach 18 km in Waren einen guten Ort für ein Backfischbrötchen – und haben ihn gefunden: bei den Müritzfischern. Unfuckingfassbar leckerer frischer Fisch und urige rumpelige Atmosphäre. Unbedingt probieren! Außerdem konnten wir mal etwas trocknen zwischendurch…
Waren selbst ist übrigens auch zu empfehlen, wenn man sich bei trockenem Wetter mal Zeit zum Bummeln durch die ganzen Gäßchen nehmen möchte. Wir hatten dafür nur nicht so recht Augen an unserem verregneten Finaltag, wir hatten all unsere Konzentration für die restliche Strecke nötig.
Noch ein kleines Highlight: Der ca 50 m lange Holzweg am Ortsausgang von Waren, den ich extra in die Tour eingeplant hatte, war selbst bei dem Wetter echt spektakulär zu begehen, das macht richtig Spaß und drumherum grünt es wie in einem Mini-Dschungel.
Und nach Ewigkeiten, als wir es schon fast nicht mehr für möglich gehalten haben, tauchte endlich unser heiß ersehntes Ziel vor uns auf: Kell´s Bauernmarkt in Klink! Mit Eierlikör als Siegprämie ?!
Pudelnasses Summary:
Strecke: 28,2 km. Regen: ohne Ende. Eierlikör als Siegprämie: 3. Begeisterte und trotz des ganzen Regens immer noch zufriedene Teilnehmerin: 1.
Hier geht’s zur Route von Tag 3: Wanderung von Speck nach Klink
PS: Einziger klitzekleiner Wermutstropfen: Das perfekte Ziel wäre eigentlich ein Blick auf das Schnitzler‘sche Schloss gewesen. Das wären nochmal 50 Meter weiter gewesen. Aber das war einfach sooo klatschnass nicht mehr drin…
Unser Fazit
In 2,5 Tagen 86 km einmal um die Müritz geschafft! Spitzen-Tour für Naturliebhaber, und natürlich für Outdoor-Einsteiger. Quasi ein Kurzurlaub verbunden mit einer kleinen Challenge – perfekt geeignet, um sich an einem Ziel auszuprobieren und Spaß an Touren zu entwickeln. Christin hat jedenfalls schon eine neue Tour bei mir „bestellt“.
Achja: Am Abreisetag kamen wir auch nochmal durch Klink – ja da war doch noch was: Richtig, ein Foto vom eigentlichen gestrigen Ziel – dem Schloß in Klink. Cool, so konnte ich das noch nachholen und die Tour zu 100% vollenden ??. Hach, wie schön zufrieden das macht!
PS: von Schnitzler sagt dem einen oder anderen was, oder? Ja genau, der Eduard… Das Schloss in Klink war Sitz seiner Vorfahren. Aber er selbst war dort nie – er hatte ja keine Zeit bei der ganzen Propaganda-Arbeit…
Noch ein paar Dinge, die evtl für den einen oder anderen hilfreich wären:
- Übernachten würden wir das nächste Mal in Röbel. In den Ort haben wir uns schockverliebt. Alternativ auch Waren. Beide Orte sind wegen der Busverbindungen leichter ansteuerbar. Oder Ihr macht es so wie wir – am Nachmittag einkehren und abends in der Unterkunft selbst verpflegen.
- Hier der Link für die Buslinien: https://www.mueritz-rundum.de/sites/default/files/pdfs/mueritz-rundum/fahrplan2021-mueritz-rundum.pdf
- Zwischen Speck und Boek sind zwei Auto-Schranken im Naturschutzgebiet, für die man einen Nupsi (andere sagen dazu Pinökel) braucht, den nur Ortsansässige haben. Das solltet Ihr bei dieser Teilstrecke mitbedenken, ggf fragt Ihr Euren Vermieter. Wer den nicht hat, muss einmal ganz um den Pudding und das dauert ca 1 Std länger.
- Für Camper: Die Plätze am Bolter Kanal und auch westlich von Waren sehen schön und gut gepflegt aus.
- Wer so eine Tour fertig hat und noch gern mehr erleben möchte: Der Nationalpark im Nordosten der Müritz bietet viele weitere schöne Strecken zu Fuß oder mit dem Rad. Auch cool: Hausboot und ach sooo vieles mehr gibt es dort zu machen.
- Eine Bitte: Am Wander- und auch am Radweg im Kernnaturschutzgebiet gibt es kaum Mülleimer. Ich nehme an, sie können dort nicht einfach so geleert werden. Nehmt also bitte Euren Müll mit und entsorgt ihn bei Gelegenheit im nächsten Ort.
Habt ihr auch DraussenErlebnisse, von denen ihr uns berichten wollt? Dann schreibt doch einfach in die Kommentare. Für noch mehr Impressionen und MikroAbenteuer folgt uns gerne auf Facebook oder Instagram.
Manuela stellt sich vor:
Moin. Ich bin Manuela aus Hamburch. Ich bin Nordkind durch und durch – aufgewachsen an der Ostsee in Mecklenburg-Vorpommern, bin ich jahrzehntelang durch Deutschland und bisschen Welt getingelt um überall festzustellen, dass für mich die frische salzige Luft und das Meerwasser lebensnotwendig sind. Seit 2010 endlich wieder im Norden zuhause bin ich mehr draußen als drinnen unterwegs. Immer auf Achse an der Ostsee oder in unseren Wäldern oder an unseren Flüssen – meist wandern verbunden mit kleinen oder größeren Challenges, mal ´ne Runde radeln. Den gleichen Weg zurück gibt´s bei mir nur im absoluten Ausnahmefall – ich achte immer auf schöne Rundtouren. Draußen im Move komme ich runter und gleichzeitig tanke ich auf für die nächsten Abenteuer.
Das ganze führte irgendwann zwangsläufig dazu, dass ich nebenberuflich nun auch Outdoortouren mit Challenges maßschneidere. Außerdem biete ich individuelle Outdoor Fitness Workouts und Bootcamps an – für Gruppen und auch als Personal Training. Hauptsache ist nur es macht allen Spaß.
Neuestes Projekt sind meine Thementouren durch unsere heimischen Wälder in Kooperation mit einer Gemeinde.
Ihr seht, ich mache so allerlei Movement. Manchmal schreibe ich nun meine Erlebnisse in Reiseberichten auf. Viel Spaß beim Lesen.
P.S.: Ich weiß, dass Hamburch mit „g“ geschrieben wird 😉





